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AutorenbildBjörn Kern

Instagram - die Halbzeit. Herr Kern plaudert aus dem Nähkästchen

So war das ja nun nicht geplant. Natürlich wusste ich, dass ich einen ausgeprägten Suchtcharakter habe. Zu Alkohol und vielen anderen Drogen, die das Leben schöner machen, hatte ich schon immer ein wenig kontrolliertes Verhältnis. Ich hätte es also letztlich wissen können. Aber so schnell abhängig? Nach wenigen Wochen komplett drauf? Jetzt nicht im Sinne von „hin und wieder“, sondern im Sinne von „mehrmals täglich“? Ich bin entsetzt. Mein Experiment sollte ja wie folgt verlaufen: Ich melde mich an, finde alles schlecht, und melde mich wieder ab, und kann ab sofort immer sagen: „Brauch ich nicht, hab ich schon, hat nicht funktioniert.“ Doch nun das! Alte Bekannte! Neue Mitstreiter! Herzliche Menschen! Der totale love storm. Kopfschmerzen? Zack, weggeherzt. Familienstress? Zack, weggeherzt. Selbstzweifel? Zack, weggeherzt. Völlig neue Erfahrung für den negativen Narzissten in mir: Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, nicht gehasst zu werden! Bald dreihundert Freunde: Bewegte sich in dieser Größenordnung nicht klassischerweise die Zahl meiner Feinde? Was ist geschehen? Wie konnte ich so schnell so nett werden? Habe ich mich die ganze Zeit in meinem Selbstbild getäuscht, oder hat Instagram mich kurzerhand netter gemacht? (Oder aber, klammheimliche Sorge, wenn ich gerade mal ein paar Minuten keinen Rechner zur Verfügung habe: Tun alle nur, als wären sie nett zu mir, haben mich aber längst blockiert?) Nun gut. Nicht weiter drüber nachdenken. Neuen Beitrag posten. Herzen vergeben und bekommen. Der totale Liebesbooster! Ach, Instagram, du späte Liebe. Wie kam ich nur 42 Jahre lang ohne dich aus? Ich gehe jetzt schon kürzer joggen, an der Oder, um schneller wieder da zu sein. Mahlzeiten, Broterwerb, Körperpflege und andere Instagramverhinderungen sind auf ein Mindestmaß gestutzt. Und das mit dem Superhandy, das ich auf keinen Fall anschaffen will… Nun… Also, was das Superhandy angeht, dazu muss ich gelegentlich noch etwas loswerden… Für heute aber bleibt vorerst nur die nicht ganz unheikle Frage: Wie zum Teufel melde ich mich nach Ablauf des Experiments wieder ab?! Gibt es Hilfestellungen? Erfahrungsberichte? Expertentipps?


Es grüßt schon ganz konfus, aber freundlichst in die Runde: Herr Kern



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